Wehret den Anfängen (obwohl es dafür schon zu spät ist)
Es steht wohl außer Frage, dass die Beschlüsse des Eurogipfels letzte Woche alles andere als berauschend waren. Wieder einmal wurden Rote Linien überschritten. Die Verteidiger der deutschen Verhandlungsstrategie behaupten zwar, dass eine generelle Festlegung auf eine Bankenunion und einen vereinfachten und flexibleren Zugriff auf die Finanzmittel des EMS noch nichts darüber sagt, wie dies im Detail angewandt wird, aber die Erfahrung lehrt uns etwas anderes.
Vom kleinen Finger zur ganzen Hand
Während vor dem Ausbruch der Krise die Haftungsübernahme für andere Eurostaaten noch vollständig undenkbar war, wurde dieses Verbot während der Griechenlandkrise schon aufgeweicht, durch die Einführung des EFSF „temporär“ außer Kraft gesetzt und mit der Etablierung des ESM dauerhaft in sein Gegenteil verkehrt. Wir sind mittlerweile an einem Punkt angekommen, wo sich die Geberländer für die Bedingungen rechtfertigen müssen, zu denen sie den Nehmerländern die eigentlich verbotenen Hilfszahlungen zukommen lassen wollen. Verkehrte Welt.
Die Bankenunion
Es ist zu erwarten, dass alleine die generelle Zustimmung zur Einführung einer Bankenunion mittelfristig dazu führen wird, dass dieses Mittel genutzt wird, um Zugriff auf die Gelder und Einlagen der solider wirtschaftenden Banken zu erhalten. Diese Vorgehensweise ist generell abzulehnen. Zuallererst müssen die Aktionäre und Gläubiger, zu denen auch die Kunden einer Bank zählen, für die verfehlte Geschäftspolitik des Institutes haften. Wenn der Staat will, dass die Einlagen ganz oder zu einem gewissen Teil geschützt sein sollen, hat er schon im Vorfeld mit seiner Aufsichtsfunktion für eine vernünftige Geschäftspolitik der Banken zu sorgen und diese gegebenenfalls zur Einrichtung eines Sicherungsfonds zu zwingen. In Spanien haben der Banksektor, das Bankmanagement, die Aktionäre und die Kunden in der Vergangenheit von der Immobilienblase und einer laxen Aufsicht profitiert. Nun, nachdem sich die damit verbundenen Risiken manifestiert haben, nach den Steuergeldern der benachbarten Länder zu rufen ist fast schon dreist. Dass strauchelnde Banken in Zukunft sogar am Staat vorbei Zugriff auf den ESM bekommen und ihre Kunden im Wege der Bankenunion von den Sicherungsfonds anderer Länder profitieren sollen, ist nichts anderes als eine Institutionalisierung dieser Dreistigkeit.