Auch wenn die Details noch nicht finalisiert worden sind, sieht es doch danach aus, dass die Regierung ab 2013 ein Betreuungsgeld von EUR 100-150 an diejenigen Familien zahlen will, die ihre Kinder nicht in eine Krippe geben, sondern anderwärtig betreuen oder betreuen lassen. Ob die Mutter das Kind selbst betreut, zu den Großeltern gibt, eine Tagesmutter engagiert oder es in einen Schrank sperrt und dann in die Arbeit geht, scheint dabei völlig unerheblich zu sein. Es kommt nur darauf an, dass das Kind nicht in eine Krippe gegeben wird.
Verrückte Welt- Es soll also wirklich jemand subventioniert werden, weil er eine andere Subvention nicht annimmt. Mit dieser Logik könnte man einem Schulabbrecher auch gleich einen Scheck aushändigen, weil er freundlicherweise nicht promoviert und nicht das subventionierte Universitätssystem in Anspruch genommen hat.
Aber auch völlig unabhängig von der Frage, ob man die Nichtinanspruchnahme einer staatlichen Leistung bezahlen sollte und wie man die EUR 1-2 Mrd. pro Jahr, die das Betreuungsgeld wohl kosten wird, finanziert, sollte man abklären, wem dieses Zahlung denn eigentlich nutzt:
Bei wohlhabenden Familien, die ihre Kinder nicht in eine Krippe bringen, kommt es zu bloßen Mitnahmeeffekten.
Bei Familien, für die EUR 150 einen relativ großen Betrag darstellen, z. B. weil der Großteil des Familieneinkommens aus Transferzahlungen bestehen, wird ein Anreiz gesetzt, die Kinder zuhause zu behalten, da damit Zusatzeinkommen generiert werden kann. Unter Integrations- und Sozialisierungsgesichtspunkten könnte solch ein Verhalten jedoch kontraproduktiv sein.
Für die Mehrheit der Familien werden EUR 150 im Monat zwar angenehm allerdings nicht entscheidend für die Frage sein, ob sie ihr Kind in eine Krippe geben oder nicht. Wenn sie das Kind eh nicht in eine Krippe bringen wollten, werden sie die EUR 150 gerne annehmen, wenn sie das Kind in einer Krippe haben, werden andere Gründe dafür ausschlaggebend gewesen sein, z. B. dass die Frau arbeiten will oder muss, und es ist nicht anzunehmen, dass EUR 150 daran etwas ändern werden.
Da pure Mitnahmeeffekte ausgeschlossen werden sollten, ist das Betreuungsgeld eigentlich nur dann sinnvoll, wenn Eltern ihre Kinder zwar in eine Krippe geben wollen, aber aufgrund örtlicher Gegebenheiten keine Krippenplätze verfügbar sind. Dann kann das Geld helfen, eine anderwärtige Betreuung zu finanzieren.
Krippenplätze wurden geschaffen, um es Frauen zu ermöglichen das Familien- und das Erwerbsleben einfacher zu koordinieren und ihnen einen Wiedereinstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Dies ist gesellschaftspolitisch gewollt und vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung zu begrüßen. Ob und wie Familien Krippenplätze als Baustein der Familienpolitik nutzen, sollte ganz den Familien überlassen werden. Sie dafür zu entgelten, diesen Baustein nicht zu nutzen, halte ich jedoch aus den oben dargestellten Gründen für nicht vertretbar.